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Die Bilder des Krieges und unsere Psyche

Was einst unvorstellbar war, ist heute alltäglich: Bilder von Tod und Zerstörung dringen ungefiltert in unsere Wohnzimmer.

von Thomas Wendtland
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Im Krieg sind die Mittel egal, und so scheint es inzwischen auch in den Medien zu sein. Was einst unvorstellbar war, ist heute alltäglich: Bilder von Tod und Zerstörung dringen ungefiltert in unsere Wohnzimmer. Früher wurden solche Bilder verpixelt oder gar nicht erst gesendet. Heute schaffen es Fotos von im Mittelmeer ertrunkenen Kindern auf die Titelseiten großer Magazine. Auch im Internet tobt ein Krieg – der Wettkampf um die drastischste Darstellung der Realität. Wir sehen diese grausame Wirklichkeit mit unseren eigenen Augen, oft bequem sitzend in unseren sicheren, geordneten Wohnzimmern. Manchmal fühlt sich das an wie Kino, doch es ist die brutale Realität.

In den letzten Tagen ging ein Video viral, das einen russischen Soldaten zeigt, der seinen Kameraden bittet, ihm in den Kopf zu schießen – und der Kamerad führt die Tat empathielos aus, um danach einfach weiterzugehen. Was mag der Täter gedacht haben? Doch eine viel drängendere Frage ist: Was geschieht mit uns, den Zuschauern, wenn wir solche Bilder sehen? Wie verarbeiten wir diese Eindrücke und welche Auswirkungen haben sie auf unsere Psyche?

Soziale Netzwerke und Medien scheinen die Vernunft längst aus der Hand gegeben zu haben. Gleichzeitig gibt es Stimmen, die fordern, dass solche Bilder gezeigt werden müssen, um die Realität des Krieges in Israel, der Ukraine und anderswo auf der Welt zu verdeutlichen. Diese Forderung basiert auf der Überzeugung, dass nur die ungeschminkte Wahrheit uns die Grausamkeit des Krieges wirklich begreifen lässt. Doch diese Bilder führen auch zu einer Abstumpfung – die ständige Konfrontation mit Gewalt und Leid lässt uns abstumpfen, nimmt uns die Sensibilität.

Überall auf der Welt herrschen Kriege und Auseinandersetzungen, meistens geht es dabei um Macht und Geld. Für diese Ziele müssen Menschen ihr Leben lassen. Die Absurdität dieser Welt zeigt sich besonders deutlich, wenn wir sehen, wie Politiker Angst schüren und sich als Helden inszenieren, während es in Wirklichkeit oft nur um Landnahme, Geld und Rohstoffe geht. Manche Kriege werden sogar durch das Ego einzelner Personen befeuert, und die Opfer dieser Egos sind die vielen Menschen, die ihre Heimat, ihre Liebsten und oft auch ihr Leben verlieren.

Die Medien tragen ihr Übriges dazu bei. Ein fiktives Beispiel: Wenn Nordkoreas Diktator Kim Jong-un tatsächlich Südkorea angegriffen hätte, aber niemand darüber berichtet hätte – wäre der Krieg dann tatsächlich stattgefunden? Ignoranz als Taktik, könnte das funktionieren? Wir sind so sehr daran gewöhnt, über jedes noch so kleine Ereignis informiert zu werden, dass wir gar nicht mehr hinterfragen, ob all diese Informationen wirklich notwendig sind.

Die Flut an Bildern und Informationen beeinflusst unsere Wahrnehmung der Welt. Wir sehen nicht nur die schrecklichen Bilder des Krieges, sondern auch die Inszenierungen der Politiker, die sich als Retter darstellen. Diese Inszenierungen dienen oft nur dazu, Macht zu demonstrieren und Ängste zu schüren, um politische Ziele zu erreichen. Der ständige Konsum solcher Bilder führt dazu, dass wir die menschlichen Schicksale dahinter vergessen. Wir sehen die Bilder, aber nicht die Menschen, die darunter leiden.

Die psychologischen Auswirkungen dieser Dauerbeschallung mit Kriegsbildern sind nicht zu unterschätzen. Studien zeigen, dass die ständige Konfrontation mit Gewalt und Leid zu Stress, Angst und Depressionen führen kann. Besonders betroffen sind dabei Kinder und Jugendliche, deren Psyche noch nicht so stabil ist wie die von Erwachsenen. Sie wachsen in einer Welt auf, in der Gewalt allgegenwärtig ist, und entwickeln eine verzerrte Wahrnehmung der Realität.

Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, die Medienkompetenz der Bevölkerung zu stärken. Wir müssen lernen, mit der Flut an Informationen umzugehen und kritisch zu hinterfragen, was wir sehen und hören. Medien sollten verantwortungsbewusster mit ihrer Macht umgehen und sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Statt nur auf Sensationen zu setzen, sollten sie Hintergrundinformationen liefern und Zusammenhänge erklären.

Es stellt sich auch die Frage, ob es ethisch vertretbar ist, solche Bilder zu zeigen. Auf der einen Seite steht das Recht auf Information, auf der anderen Seite der Schutz der Würde der abgebildeten Personen und der Schutz der Psyche der Zuschauer. Ein Balanceakt, den die Medien jeden Tag aufs Neue meistern müssen.

Wir als Konsumenten haben ebenfalls eine Verantwortung. Wir dürfen uns nicht nur berieseln lassen, sondern müssen aktiv hinterfragen und reflektieren. Wir müssen uns bewusst machen, dass hinter jedem Bild ein Schicksal steht, dass jeder Krieg Leid und Zerstörung bedeutet. Nur so können wir verhindern, dass wir abstumpfen und die Menschlichkeit verlieren.

Die Bilder des Krieges sind ein mächtiges Werkzeug. Sie können aufklären und wachrütteln, aber auch manipulieren und abstumpfen. Wie wir mit diesen Bildern umgehen, liegt letztlich in unserer Hand. Es ist an uns, die Balance zu finden zwischen Information und Sensationsgier, zwischen Mitgefühl und Abstumpfung. Nur so können wir eine Gesellschaft bleiben, die Menschlichkeit und Empathie bewahrt, auch in einer Welt, die immer komplexer und herausfordernder wird.

Die Politik, die oft mit Verboten reagiert, sollte die Dinge hierbei sachlicher betrachten. Diktatoren, egal ob sie in ein System hineingeboren werden, streben danach, ihre Macht zu festigen, und die freie Welt des Westens muss Wege finden, mit diesen machthungrigen Individuen umzugehen, die ganze Völker in den Abgrund ziehen können. Die internationale Gemeinschaft muss sich besser positionieren, die Rolle der UN stärken und das Vetorecht beibehalten, aber deren Kraft und Wirkung so anpassen, dass solche entsetzlichen Bilder aufhören. Dafür müssen einzelne Länder ihre Verfassungen in Gesetze umsetzen, die effektiv sind. Es bleibt unverständlich, wie Menschen so empathielos über das Leben anderer hinweggehen können.

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