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Leichte Sprache für eine verständlichere Welt: Die barrierefreie Tagesschau

Die Tagesschau strahlt nun fünfmal pro Woche Nachrichten in einfacher Sprache aus, um sprachliche Barrieren abzubauen und Inklusion zu fördern.

von Thomas Wendtland
64 Aufrufe Leichte Sprache - es ermöglicht mehr Menschen, politische Informationen zu verstehen und an gesellschaftlichen Diskussionen teilzunehmen.

Sprache ist ein mächtiges Werkzeug, aber oft auch eine unsichtbare Barriere. Diese Erkenntnis hat die Tagesschau nun dazu veranlasst, ihre Nachrichten fünfmal in der Woche in einfacher Sprache auszustrahlen. Diese Initiative war längst überfällig, denn es gibt Menschen, die komplexe Sätze nicht verstehen können. Das betrifft nicht nur Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Sprachbarrieren, sondern auch solche, die sich eine politische Meinung bilden möchten und dabei Unterstützung brauchen.

Stellen Sie sich vor, Sie leben in einer Welt, in der politische Diskurse und gesellschaftliche Debatten oft in einem Sprachwirrwarr stattfinden, das für Sie unverständlich ist. Sie stehen daneben, hören Worte, die Sie nicht entschlüsseln können, und entwickeln das Gefühl, nicht gebraucht zu werden. Dieses Gefühl der Ausgeschlossenheit kann schmerzhaft sein und führt häufig dazu, dass Menschen sich zurückziehen und glauben, dass niemand sich für ihre Meinung interessiert. Doch politische Meinungsbildung ist entscheidend für eine funktionierende Demokratie. Sie ermöglicht es den Bürgern, Entscheidungen zu treffen, die ihr Leben direkt beeinflussen.

Die Tagesschau in einfacher Sprache trägt dazu bei, dass mehr Menschen diese wichtigen Informationen verstehen und sich eine fundierte Meinung bilden können. Diese Meinungsbildung ist nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die Gesellschaft von Bedeutung. Denn Menschen, die früher nicht verstanden haben, was gut für sie ist, können nun zur Wahlurne gehen und eine informierte Entscheidung treffen. Kritiker könnten einwenden, dass diese Menschen oft dorthin rennen, wo am lautesten gebrüllt wird oder wo sie sich am besten aufgehoben fühlen, weil die Botschaften klar und verständlich sind. Doch ist das nicht genau der Punkt? Verstehen ist der Schlüssel.

Die Tagesschau in einfacher Sprache klingt vielleicht ungewohnt, aber wir müssen lernen, dass nicht jeder die gleichen sprachlichen Fähigkeiten hat. Diese Sendungen zeigen, dass wir uns bemühen, Inklusion zu fördern. Ein wichtiger Schritt, um zu erkennen, dass Verständnis keine Selbstverständlichkeit ist. Es gibt Menschen, die aufgrund sprachlicher Hürden ausgeschlossen werden. Indem wir diese Barrieren abbauen, nehmen wir sie ernst und geben ihnen das Gefühl, dass ihre Meinung zählt.

Doch wie so oft bei gesellschaftlichen Veränderungen, gibt es auch hier Gegenwind. In den sozialen Netzwerken wird die neue Sendung heiß diskutiert. Einige machen sich lustig, andere fordern gar, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abzuschaffen. Die Diskussion um die Rundfunkgebühren kocht dabei regelmäßig hoch. Manche glauben ernsthaft, sie hätten mehr von ihrem Geld, wenn die sogenannten Zwangsgebühren abgeschafft würden. Doch die 17 Euro im Monat finanzieren nicht nur die Nachrichten in einfacher Sprache, sondern auch viele andere wichtige Inhalte. Kritiker argumentieren oft, dass sie mit diesem Geld lieber direkt soziale Projekte unterstützen würden – eine noble Idee, die jedoch die Bedeutung eines vielfältigen und inklusiven Informationsangebots unterschätzt.

Die Rundfunkgebühren sind gut angelegtes Geld, denn sie ermöglichen es endlich, Menschen zu erreichen, die sonst von wichtigen Informationen ausgeschlossen wären. Dies wird von Profis im Fach erledigt, die für ihre Arbeit fair bezahlt werden müssen, da auch sie Familien zu ernähren haben und ihr Job mental viel abverlangt. Diese Produzenten agieren in zwei Welten: einerseits in unserer normalen, kommunikativen Welt und andererseits in der Welt jener, die kommunikativ sprichwörtlich im Abseits stehen. Diese Menschen hätten ohne Unterstützung kaum eine Chance, sich eine politische Bildung anzueignen. Es wäre wesentlich schwieriger, diese Menschen sprachlich nachzubilden. Migranten und Personen, die in jungen Jahren arbeiten mussten oder wollten, überwinden dank der vereinfachten Sprache Barrieren, die sie sonst alleine nicht hätten überwinden können.

Der Gedanke an Inklusion wird oft laut propagiert, doch echte Inklusion beginnt bei der Sprache. Wenn wir wirklich wollen, dass jeder an unserer Gesellschaft teilhaben kann, müssen wir bei der Kommunikation ansetzen. Audiovisuelle Wahrnehmung ist der Schlüssel. Informationen müssen so aufbereitet werden, dass sie für alle zugänglich sind. Das beginnt bei der Sprache. Und ja, das mag für manche gewöhnungsbedürftig sein. Doch wer sich getriggert fühlt, kann einfach den Kanal wechseln. Tagesschau24 ist nicht der Hauptkanal im Fernsehen. Die Vielfalt der Programme erlaubt es jedem, das zu finden, was er oder sie bevorzugt.

Einige werden argumentieren, dass die vereinfachte Sprache die Komplexität der Themen mindert. Doch das Gegenteil ist der Fall: Indem wir komplizierte Sachverhalte verständlich erklären, machen wir sie zugänglicher. Die Inhalte bleiben die gleichen, nur die Art der Vermittlung ändert sich. Das Ziel ist nicht die Vereinfachung der Themen, sondern die Verständlichkeit der Sprache. Jeder hat das Recht, informiert zu sein und an gesellschaftlichen Diskussionen teilzunehmen.

Die Tagesschau in einfacher Sprache ist eine gute Sache. Sie öffnet Türen und baut Barrieren ab. Wer es nicht hören will, muss es nicht hören. Aber für diejenigen, die darauf angewiesen sind, ist es ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft. Es geht darum, jeden mitzunehmen und niemanden zurückzulassen. Das ist das eigentliche Ziel der Inklusion: eine Gesellschaft, in der jeder gehört wird und jeder versteht, was gesagt wird.

In diesem Sinne sollten wir die Tagesschau in einfacher Sprache nicht als Kuriosum betrachten, sondern als einen wertvollen Beitrag zu einer besseren Verständigung. Jeder Mensch hat das Recht auf Information und Verständnis. Wenn wir das wirklich begreifen, wird die Barriere, die Sprache oft darstellt, allmählich verschwinden. Und das ist letztlich das, was zählt.

Die „Tagesschau“ in Einfacher Sprache läuft jeden Tag um 19 Uhr in dem Sender „Tagesschau 24“. Die Nachrichten gibt es auch im Internet auf der Seite tagesschau.de und in der ARD-Mediathek.

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