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Cum-Ex und die Kunst des legalisierten Diebstahls

von Carsten Bornhöft
51 Aufrufe Image by freepik

Es war einmal eine Zeit, da glaubten wir, die Finanzwelt wäre kompliziert, aber letztlich doch fair geregelt. Dann kam Cum-Ex und zeigte uns, dass wir naiver waren als Hänsel und Gretel auf ihrer Märchenreise. Nur dass in dieser modernen Erzählung keine Hexe die Protagonisten in den Ofen schiebt, sondern clevere Finanzjongleure die Steuerzahler ausnehmen und dabei auch noch hämisch grinsen.

Cum-Ex klingt wie ein mittelmäßiger Latein-Kurs, bei dem man sich fragt, ob der Lehrer auch nur ansatzweise weiß, was er da von sich gibt. Doch was sich dahinter verbirgt, ist die Spitze der Finanzakrobatik. Ein System, bei dem Aktien so schnell hin und her geschoben werden, dass am Ende keiner mehr weiß, wem was gehört. Doch eines ist klar: Der Staat schuldet plötzlich mehreren Akteuren Steuerrückzahlungen, obwohl nur einmal Steuern gezahlt wurden. Man fragt sich, wie blöd muss ein System sein, um so etwas zuzulassen?

Unsere Finanzbehörden schauten zu, wie Milliarden durch die Finger glitten, wie ein heißes Messer durch Butter. Da hat sich wohl jemand in der Behörde gedacht, dass es auch zu viel verlangt wäre, zu prüfen, ob da alles mit rechten Dingen zugeht. Schließlich sind die Damen und Herren Bankster ja vertrauenswürdige Zeitgenossen. Man vergisst dabei leicht, dass der einzige Unterschied zwischen einem Bankräuber und einem Banker der Dresscode ist. Der eine trägt eine Maske, der andere einen Anzug.

Die Politiker waren da auch nicht viel besser. Während sie sich im Wahlkampf mit blumigen Worten um die Ohren schlagen und versprechen, die Steuerschlupflöcher zu stopfen, haben sie wohl nicht gemerkt, dass das größte Schlupfloch gleich neben ihnen lag und ein Banner mit der Aufschrift „Cum-Ex“ trug. Stattdessen schauten sie weg oder, schlimmer noch, halfen vielleicht sogar mit, die Schlupflöcher zu vergrößern. Wie sonst lässt sich erklären, dass dieses Treiben jahrelang unbehelligt weitergehen konnte?

Man muss es den Finanzakrobaten lassen, sie sind einfallsreich. Während der gemeine Bürger sich mit der Steuererklärung abmüht und sich über jede Kleinigkeit Sorgen macht, haben diese Herrschaften ein System perfektioniert, bei dem sie aus nichts Geld machen. Das klingt fast wie Magie, doch in Wahrheit ist es eine ausgeklügelte Form des Betrugs, legalisiert durch eine Mischung aus staatlicher Ignoranz und komplexer Gesetzeslage.

Das Argument der Verteidiger lautet natürlich, dass alles völlig legal war. Ja, sicher. Und wenn ich meinem Nachbarn seinen Rasenmäher klaue und ihm sage, dass er mir zwei Rasenmäher schuldet, dann ist das wohl auch legal, solange ich es nur geschickt genug anstelle. Cum-Ex zeigt uns, dass der Unterschied zwischen legal und moralisch korrekt oft so groß ist wie der zwischen einem Strafzettel und einer Gefängnisstrafe.

Die beteiligten Banken und Fonds hätten natürlich sagen können, dass sie es nicht besser wussten. Aber das ist so glaubwürdig wie ein Hund, der behauptet, die Hausaufgaben gefressen zu haben. Man sollte meinen, dass Institutionen, die Milliarden jonglieren, ein bisschen mehr Ahnung davon haben, was sie da tun. Doch statt Reue zeigen sie Arroganz, und anstatt Verantwortung zu übernehmen, verstecken sie sich hinter ihren Anwälten und berufen sich auf Lücken im Gesetz.

Die politische Aufarbeitung dieses Skandals erinnert an ein Theaterstück von Kafka. Jeder schiebt die Schuld auf den anderen, und am Ende bleibt nichts als heiße Luft und ein Haufen unbeantworteter Fragen. Warum wurde nicht früher eingegriffen? Wer hat davon gewusst? Und vor allem, warum zum Teufel hat niemand etwas dagegen unternommen?

Es ist bezeichnend, dass in einem Land, in dem der gemeine Bürger für jede Kleinigkeit zur Kasse gebeten wird, die großen Fische ungeschoren davonkommen. Der Klempner um die Ecke zahlt seine Steuern pünktlich und korrekt, während Großbanken und Investmentfonds ein System ausnutzen, das sie selbst kaum verstehen. Und währenddessen reden die Politiker von Gerechtigkeit und Chancengleichheit.

Die Medien haben sich auf den Skandal gestürzt wie hungrige Wölfe auf ein Schaf. Doch je mehr Licht auf den Cum-Ex-Skandal fällt, desto mehr Schatten wirft er auf unser gesamtes Finanzsystem. Was bleibt, ist das Gefühl, dass die Spielregeln in diesem großen Monopoly-Spiel nur für die wenigsten von uns gelten. Für die meisten von uns bleibt die Erkenntnis, dass der Begriff „Steuergerechtigkeit“ wohl eher ein schlechter Witz ist.

Die Gerichtsverfahren ziehen sich hin, und man darf gespannt sein, wie viele der Drahtzieher tatsächlich zur Rechenschaft gezogen werden. Es ist zu befürchten, dass am Ende wieder nur einige Bauernopfer fallen werden, während die eigentlichen Strippenzieher weiterhin im Verborgenen ihre Fäden ziehen. Vielleicht sitzen sie schon jetzt in ihren Büros und planen den nächsten großen Coup, der uns allen zeigen wird, dass wir aus der Geschichte nichts gelernt haben.

In der Zwischenzeit können wir uns nur fragen, wie viele weitere solcher Skandale unentdeckt bleiben und wie viel Geld noch aus den öffentlichen Kassen verschwindet, während wir uns über steigende Steuern und Kürzungen im Sozialbereich ärgern. Es bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden und dass solche Machenschaften künftig nicht mehr möglich sind.

Cum-Ex ist ein bitterer Beweis dafür, dass unser Finanzsystem dringend einer gründlichen Überholung bedarf. Ein System, das solche Lücken zulässt und ausnutzt, kann nicht im Sinne der Allgemeinheit funktionieren. Es ist an der Zeit, dass wir uns nicht länger von den Hochstaplern und Personen mit dementiellem Syndrom in Anzug und Krawatte hinters Licht führen lassen und endlich für echte Steuergerechtigkeit kämpfen. Denn eines steht fest: Solange wir wegschauen, wird sich nichts ändern, und die nächste Generation wird sich mit den gleichen Problemen herumschlagen müssen.

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